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Einfach, aber lecker: Ausstellung in Eschenburg erinnert an die "Haute-Cuisine" unserer Vorfahren


03.07.2022

Das waren noch Zeiten, und die waren bestimmt nicht immer einfach. Das fing schon beim täglichen Broterwerb an und endete irgendwann in der Küche. Als unsere Mütter und Großmütter am Herd den Kochlöffel schwangen, war der Thermomix noch nicht erfunden.

Und bei Chefkoch.de konnte man/frau auch nicht mal schnell vorbeisurfen und sich Rezept- und Zubereitungs-Tipps holen. Da war das Kochen noch echte Handarbeit, basierend zumeist auf überlieferten, von Mund zu Mund weiter gegebenen Rezepturen. Was dabei herauskam, war einfach aber schmackhaft und vor allem gesund und nahrhaft. An diese historische Epoche bodenständiger Haute Cuisine erinnert eine sehenswerte Sonder-Ausstellung im Eschenburger Regionalmuseum in der Eibelshausener Marktstrasse.

Titel: "Einfach, aber gut – Was früher in den Dörfern gekocht wurde".Sie ist bei freiem Eintritt am kommenden Sonntag (3. Juli 2022) zum letzten Male zu sehen.

Öffnungszeit: 14.00 bis 17.00 Uhr.

Da haben die beiden Museumskuratoren Winfried und Irene Krüger wieder ganze Arbeit geleistet, eine Fülle an anschaulichen Exponaten zusammengetragen stimmig und mit viel Liebe zum Detail arrangiert. Idee und Konzeption stammen von Ulla Holighaus, die dieses Projekt bereits 2018 ausgebrütet hatte.
Vitamine für den Winter und für schlechte Zeiten. Einkochen entwickelte sich auch hierzulande zu einer Massenbewegung. Die Früchte des Gartens kamen in ein mit Gummiring verschließbares Weck-Glas und wurden dann in einem Hitzebad erwärmt. Der Inhalt hielt sich über Monate. Foto: Heimann
An die Funktionsweisen der einzelnen "Tools" wie Borstenabzieher, Fleischwölfe, Einkochapparate oder Zentrifugen mögen sich die Älteren unter den Besuchern vielleicht noch aus eigener Anschauung erinnern, die Jüngeren müssen erst die Infotafeln studieren. Wer weiß denn heute von den Kids noch, was ein Bohnen-Längsschneider, ein Krauthobel , ein "Bruhdbrääd" oder ein Butterstampf-Fass ist? Und was bitteschön hat man sich unter einem "Kratzelaabche" bzw. "Kratzeblatz" oder einem "Hahler" vorzustellen. Fragen über Fragen. Die Antworten gibt es in der Ausstellung, die durch viele authentische und großformatige Fotos ergänzt wird...

Fastfood kannten unsere Ahnen noch nicht, und keiner von ihnen hätte auch nur im Traum daran gedacht, Nahrungsmittel, bei denen das noch gar nicht vorhandene Haltbarkeitsdatum bald erreicht war, fortzuwerfen. Der Bezug zum Lebensmittel und die Achtung davor waren ganz anders ausgeprägt als das heute der Fall ist. Eben mal schnell in den Supermarkt oder Discounter um die Ecke huschen und die benötigten Zutaten aufs Kassenband legen, war nicht.

Die Lebensmittelbeschaffung beruhte überwiegend auf Selbstversorgung. Heißt: Was gegessen wurde, stammte aus dem eigenen Garten oder dem nebenerwerblich bewirtschafteten Acker bzw. Stall. Und war insofern meist saisonbedingt bzw. saisonabhängig. Die Jahreszeiten bestimmten in der Regel den Speiseplan. Der aber Dank unterschiedlichster Verfahren der Haltbarmachung und Konservierung – Kühlschränke kannte m an noch nicht - nicht eintönig sein musste und es auch nicht war.
Dennoch: Die köchelnden Küchen-Gurus und bewunderten Gourmet-Künstler von heute, ob sie Paul Bocuse hießen oder Alfons Schuhbeck, Eckart Witzigmann, Johann Lafer und Jamie Oliver heißen, hätten unter diesen Bedingungen keinen Stich gemacht und kläglich versagt. Zumal die Küchenmeister von anno-batsch nicht selten Schmalhans hießen.

Bouchot-Muscheln, mit einem spritzigen Avocado-Dressing verfeinerte, Wachtelbrüstchen, Ochsenbäckchen mit blanchierten Herbsttrüffeln in Spargelsenf-Soße gegart, kamen damals eher seltener auf den Tisch. Eher überhaupt nicht.. Dafür ließ man sich grünes Moos, Milchsuppe, Eierstich, Pellkartoffel in Zwiebeltunke, Buchweizenpfannkuchen, dicke Bohnen oder Griesbrei schmecken – und wurde auch satt. Gepökelte oder geräucherte Überbleibsel von Yolanthe, dem über Monate gemästeten und dann exekutierten Haussschwein , gab's höchstens mal sonntags oder an ausgewählten Feiertagen. Um so mehr wußte man/frau einen Braten zu schätzen, statt sich, wie heute, ständig verfügbare Schweinenackensteaks von unter erbärmlichen Bedingungen gehaltenen Sauen aus der Massentierhaltung für 2,30 EUR das Kilo auf den Teller zu schaufeln. Oder halt toten Fisch in Fahrradschläuchen aus dem Kühlregal, also Sushi.

Nach der Sommerpause geht es Ende August dann in die nächste Runde. Gleiche Welle, andere Stelle. Willkommen dann im ältesten Gebäude Eiershausens, im "Mühlchen". Selbiges war vor rund 20 Jahren mit tatkräftiger Unterstützung des damaligen Eschenburger Bürgermeisters Walter Jank d umfassend saniert und restauriert worden. Dabei heraus kam ein optisches und funktionelles Kleinod, das für historische Ausstellungen und Rückschauen auf die nicht immer gute alte Zeit wie geschaffen ist und auch so genutzt wird. Hier erfährt auch der Nachlass des unvergessenen lokalen Heimatforschers Alfred Schwarz eine entsprechende Würdigung (und Fortsetzung). Im Fokus der geplanten Präsentation steht die Geschichte dieses einzigartigen, ortsbildprägenden Gebäudes. (jh)

Foto: Heimann

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