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"Mir soi schwer‘ i de Reih‘!" - Hirzenhainer stoßen auf 750 Jahre Ortsgeschichte an


Hirzenhainer stoßen auf 750 Jahre Ortsgeschichte an

Bis das ganz große Fass aufgemacht wird, dürften noch ein paar Liter Wasser den Gans- und den Breitebach hinunterplätschern. Aber die Zeichen sind nicht zu übersehen.

2019 ist ein außergewöhnliches Jahr für Hirzenhain. Der Ort und seine Bewohner feiern 750. Geburtstag. Oder anders ausgedrückt: Die Hirzenhainer feiern sich selbst und ihr Dorf. Das war am 22. September anno 1269 mit seiner ersten schriftlichen Erwähnung auf einer Urkunde aus dem Dunkel der Geschichte aufgetaucht. Damals hatte ein Ritter Friedrich von Langenstein dem Deutschen Orden in Marburg Ländereien vermacht – und ein gewisser "Wernherus von Hirtinghagen" bezeugte den Deal.

Hirtinghagen war der ursprüngliche Name von Hirzenhain. Mitte September dieses Jahres soll dieser Tatsache mit einer großen und ereignisreichen Festwoche Rechnung getragen werden. Doch bereits in den Monaten zuvor stehen zahlreiche Veranstaltungen und Sonderaktionen ganz im Zeichen dieses Festes.

Seit über einem Jahr ist ein Planungskomitee unter Federführung des Ortsbeirates damit betraut, die organisatorischen Weichen zu stellen. Aber sie blicken nicht nur nach vorne, sondern auch zurück. Das Ergebnis ihrer recherche-intensiven Zeitreise in die Vergangenheit liegt inzwischen vor – in Gestalt einer fast 500 Seiten starken, opulent illustrierten Ortschronik, die das Auf und Ab des Bergdorfs im Laufe der Jahrhunderte auf unterhaltsame und spannende Weise dokumentiert.

Ein Autorenteam um den Journalisten Jürgen Heimann hat sich monatelang durch alte Unterlagen und Nachlässe gekämpft, Aufzeichnungen und Tagebücher ausgewertet, im Hessischen Staatsarchiv geforscht und versucht, die kryptischen Einträge in den kirchlichen Registern und Analen zu entziffern.

Geschichte soll Spaß machen

Was dabei herausgekommen ist? Auf jeden Fall keine ermüdende chronologische Aufzeichnung von Ereignissen, sondern ein eher wilder und durchaus humorvoller Mix aus Geschichte, Geschichten, Daten, Fakten und Anekdoten - geordnet nach Themenbereichen, nicht nach Jahreszahlen. Geschichte soll Spaß machen, nicht langweilen. Titel des Buchs: "Hirzenhain - Wäi’s fruier woar en wäi’s hau es". Die Namensgebung ist auch ein klein wenig der mundartlichen Tradition, die in Hirzenhain nach wie vor hoch gehalten wird, geschuldet. Entsprechend lautet auch das Jubiläumsmotto: "Mir soi schwer‘ i de Reih‘". Ein bisschen Eigenlob muss sein.

Erhältlich ist das informative Druckwerk zum Preis von 19,90 EUR in allen örtlichen Geschäften und kann auch per Email unter cyris.dr@web.de angefordert werden.

Eine eigene Webseite zum Jubiläum ist inzwischen auch online: www.hirzenhain.net. Sie beinhaltet die neuesten Informationen zum Stand der Festplanung, bietet ausgewählte Texte, die Historie und Gegenwart beleuchten, und zeigt viele prächtige Foto-Impressionen von den Schokoladenseiten und landschaftlichen Schönheuiten der 550 Meter hoch gelegenen und aus zwei Ortsteilen bestehenden Siedlung: Hirzenhain-Ort und Hirzenhain-Bahnhof.

"Kies", der nicht aus der Grube kommt

Die "heiße Phase" der Feierlichkeiten konzentriert sich auf die Zeit zwischen dem 13. und dem 22. September. Eine historische Ausstellung im evangelischen Gemeindehaus, ein ausschließlich von örtlichen Künstlern und Akteuren bestrittener Unterhaltungs- und Kulturabend im DGH, Festkommers, bunter Abend, ökumenischer Gottesdienst und Festzug sind nur einige von zahlreichen Programmpunkten. Auch das 25-jährige Jubiläum der seinerzeit in Eigenleistung errichteten Schutz- und Grillhütte, der heimlichen Stadthalle Hirzenhains, fällt in diese Zeit. Und dann geht es noch um „Kies“, aber nicht solchen aus der Grube. "Kies" ist ein "exotisches" Wettkampf- und Mannschaftsspiel, wie es heute weltweit nur noch in Hirzenhain betrieben wird. Eine Mischung aus Grasbahn-Hockey, Kopfsteinpflaster-Golf für den kleinen Mann, Tennis und Baseball. Wobei der aber Puck eckig ist, nicht rund.

Kelten, Germanen, Segelflug

Als die Hirzenhainer den Himmel eroberten. Hier stand die Wiege des Segelflugs. Frühe Gehversuche mit dem Schulgleiter am Eiershäuser Hang. Ein eisiges Vergnügfen. Foto: SFC-ArchivEs gibt (oder gab) noch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal, das die Hirzenhainer für sich reklamieren. Bei ihnen stand einst die Wiege des Segelfluges, bevor der seinen globalen Siegeszug antrat. Nach den Freunden auf der Wasserkuppe ist der hiesige, 1923 an den Start gegangene Segelfliegerclub "HiHai" der zweitälteste der Welt.

Und da wir schon vom Alter reden: Das Dorf als Siedlungsgebiet dürfte wesentlich mehr Jährchen auf dem Buckel haben als jene belegbaren 750, auf die seine heutigen Bewohner jetzt anstoßen. Der Ort war ja, als "Weerners" Name auf besagter Urkunde erschien, nicht von jetzt auf gleich aus dem Nichts aufgetaucht. Hier haben sich schon die Kelten und später die germanischen Chatten getummelt - und aus dem im Schelderwald gewonnen Eisenstein Waffen geschmiedet. Die dann als Exportschlager im gesamten damaligen Reich verkauft wurden. Davon abgesehen: In der Gemarkung von Hirzenhain hat man die ältesten Siedlungsspuren des Dillgebietes gefunden. , unter anderem Steinklingen aus der Jungsteinzeit. Fred Feuerstein lässt grüßen...

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Hirzenhainer stoßen auf 750 Jahre Ortsgeschichte an

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